Freitag, 27. Februar 2009

Zwischenfazit

Ich bin nun also seit einem guten Monat in Ghana. Es ist jetzt so etwas wie Bergfest und dementsprechend der beste Zeitpunkt, ein Zwischenfazit zu ziehen – unverblümt!
Malaria sucks – das ist das erste, was mir einfällt. Und das werde ich jetzt einfach mal so stehen lassen. An dieser stelle würde ich euch gerne Carla Engel vorstellen.


Die habe ich als Schutzengel von Josi geschenkt bekommen und trägt den Namen, weil sie mich ein bisschen an die rasende Reporterin – Carla Kolumna - aus Bibi Blocksberg erinnert hat :) . Auch Elisabeth hat mir einen Schutzengel mit auf die Reise gegeben – vielleicht war das etwas viel Schutz auf einmal und er hat sich gegeneinander aufgehoben. Na ja, die beiden wussten schon, wieso sie mir die Engel geschenkt haben.


Eins werde ich euch vermutlich nach meinem Aufenthalt voraus haben – ich habe gelernt, die kleinen Dinge des Lebens zu schätzen. Ein gutes Beispiel ist Strom...und Wasser. Wasser vor allem dann, wenn man gerade unter der Dusche steht und seine Haare voller Shampoo hat oder halt auf Klo war...bei 45°C im Schatten net soooo toll. Dann Gesundheitsversorgung...zu wissen, dass, falls man gerade am Verrecken ist, das Krankenhaus ne Dreiviertelstunde entfernt ist, macht einen ungemein vorsichtig. Bei mir sind mittlerweile erste Anzeichen einer extremen Hypochondrie zu erkennen. Es zwickt irgendwo...ohhh, ich muss ins Krankenhaus. Ich bin auf ein Steinchen getreten...hoffentlich bin ich net verletzt – nicht, dass Schmutz in die Wunde kommt. So in der Art.
Dann habe ich erkannt, wie unglaublich gut wir es in Deutschland haben. Mir war das wohl schon vorher bewusst, aber wenn man mit eigenen Augen sieht, wie es in anderen Ländern zugeht, dann wird einem erst klar, dass wir in Deutschland auf unglaublich hohem Niveau jammern. Und am beeindruckensten finde ich, das die Leute hier total zufrieden sind, mit dem, was sie haben. Na, zumindest beklagen sie sich nicht die ganze Zeit und Neid ist auch net zu spüren. Vielleicht liegt es daran, dass viele gar nicht wissen, was es alles gibt. Vielleicht ist es ihnen auch einfach egal und sie fühlen sich einfach nur wohl. Natürlich ist das Leben nicht einfach, wenn man nicht weiß, wo man am nächsten Tag das Essen her bekommt, aber ich weiß nicht, ob Mitleid nicht vermessen wäre. Man kann versuchen zu verstehen und zu helfen, das sich die Situation verbessert...aber Mitleid finde ich eines der schlimmsten Emotionen, die man einem Individuum gegenüber empfinden kann. Mitleid macht unbeweglich, starr, lässt die Gehirnwindungen einfrieren. Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine.
Außerdem vermisse ich: Meine Eltern; meine Freunde; Essen – vor allem Schokolade und Fleisch – ich bin hier nämlich zum Vegetarier geworden; baden; mal nicht mit juckenden Beinen aufzuwachen – ne, net wegen zu wenig Hygiene; in den Supermarkt um die Ecke zu gehen und zu kaufen, was das Herz begehrt; Umweltbewusstsein; ausschlafen (scheiß Hähne, übrigens wurde einer von denen von den Perlhühner zu Tode gehackt. Da haben wohl zwei Hähne gekämpft und sind in ne Truppe Perlhühner geraten, die so verwirrt von dem Tohuwabohu waren, dass sie einfach mal spontan für einen der Hähne Partei ergriffen haben und dann: Gib ihm! Er hats leider net überlebt. Sah nicht schön aus...Ob der die Perlhühner wohl auch jeden morgen um halb sechs geweckt hat? Na ja, ich hätte ihm einen schöneren Tod gewünscht!); schwitzen, wenn man Sport treibt und nicht immer und überall. Gut...ich bin momentan in meinem Auslandstief. Ich weiß, ich kann das später alles wieder haben, aber die, die mich schon länger kennen, wissen, wovon ich reden ;). Ich würde das jetzt nicht Heimweh nenne – ich finds hier eigentlich toll. Voll entspannt. Nur wenn man ins Ausland geht, dann gibt’s da so Phasen. Ums mal in 'Genni' zu sagen: Erst das Euphorie-Hoch: Boah, alles neu, alles anders, los---Entdeckungsreise. Dann Realisierung der Unterschiede: Boah, doch net alles Gold, was glänzt. Scheiß Unterschiede, alles doof, will nach Hause – da rutsch ich dann langsam ins erste Tief ab. Und dann geht’s wieder hoch: Boah, die Unterschiede sind doch nicht so doof, es geht halt auch anders und eventuell ist das sogar besser. Jut, und bis zum zweiten Tief, was nach dem zweiten Hoch kommt ;), komm ich meistens nicht...Vielleicht sollte man mit 26 Jahren sowas langsam mal abgelegt haben. So bin ich halt. Evtl. ändert sich das ja mit 30 - wie so vieles ;).
Na ja, und seit Dienstag stecke ich gerade im ersten Tief. Liegt wohl an den Entdeckungen, die ich an dem Tag gemacht habe...gehört hier aber nicht her. Es geht aber langsam wieder...
Ja, und sonst: Projekt läuft. Der Mammutanteil kommt wohl erst ab nächster Woche - dann gehts hier rund. Fühle mich momentan zwar etwas wie Don Quichotte, aber fange langsam an, alles mit gebührenden Abstand zu betrachten. Das ist etwas, wovon ich behaupten kann hier bisher gelernt zu haben: nicht alles persönlich nehmen.
Ich fahre am Montag nach Damongo zum Bischof und werde auf dem Rückweg mal im Mole Nationalpark vorbei gucken. Evtl. etwas länger, damit ich endlich hier mal Elefanten sehe. Kann doch net angehen, in Afrika gewesen zu sein und keinen Rüssel gesehen zu haben. Das wird mir vielleicht ganz gut tun, etwas raus zu kommen und mal Urlaub zu haben. Bislang habe ich jeden Tag, den ich hier war, in irgendeiner Weise mit der Schule verbracht – außer in der Malaria-Woche - und bin jetzt etwas abgestumpft.
Heute hat es übrigens geregnet. Von dem Happening gibst übrigens auch ein Video – echt beeindruckend!

Ach, und falls ihr das Gerücht vernehmen solltet, dass eine wütende Touristin in Ghana festgenommen wurde, weil sie einen Bischof verprügelt hat...das war dann ich. Macht euch dann keine Sorgen, ich komm da wieder raus - und wenn ich mich freikaufen muss ;).

Dienstag, 24. Februar 2009

Sightseeing: Fuller Falls

Am Donnerstag kam Marion, der Volontär aus New Longoro, überraschend vorbei. Er wollte mich einladen ihn und ein paar Freunde zu den Fuller Falls, Wasserfälle hier in der Nähe, zu begleiten. David, aus Albstadt, ist gerade Volontär in Girma, hat Ludwig, Marian und Benedict aus Sunyani zu Besuch. Die drei sind alles Ösis und leisten ihren Zivi an einer High-Tech Schule als Computer-Lehrer - so Pragrammieren, Basics der Anwendungen, Office Paket, Mathe etc. - ab.
So, am nächsten Tag hab ich mich dann voller Vorfreude auf Abwechslung gegen halb zehn auf den Weg zur Taxi-Station in Bamboi gemacht, wo ich Mario treffen würde. Es waren sogar alle pünktlich ;). Wir haben noch schnell nen Abstecher ins Dorf gemacht, um dort eine Kanister Pito zu besorgen. Pito ist Hirsebier, das trinkt hier jeder und es schmeckt son bisschen wie Most. Man muss sich dran gewöhnen – auch an die Farbe, es erinnert ein wenig an Matschwasser. Man trinkt das aus so genannten Kalabasch. Das sind Trinkgefäße, die eigentlich ne Hälfte von ner große Nuss sind. Den Restschluck in der Kalabasch vergießt man schwungvoll auf den Boden - für die Ahnen.Nach einigem Warten am Taxistand sind wir dann los Richtung Kintampo, auf dem Weg liegen nämlich die Wasserfälle. Fahrt war ok...konnte mich allerdings net ganz ohne Probleme abschnallen.
Die Fälle sind ein richtiges kleines Paradies im Nirgendwo. Man muss ca. einen Kilometer auf einem unbefestigten Weg durch den Busch rennen und dann eröffnet sich einem ein Traum von einem Platz zum Seele baumeln lassen.

Mario hat mir erst ein wenig die Umgebung gezeigt. Ein indonesischer Bruder von den Steiler Missionaren hat den Platz liebevoll hergerichtet. Alles da: 'Küche', 'Büro', 'Ankleidezimmer' und lauter Esstische mit Sitzgelegenheit.


Mario im Büro

Wirklich sehr schön! Wir sind dann noch die einzelnen Wasserstufen abgegangen. Gegen ein Uhr sind dann die restlichen Jungs zu uns gestoßen. Die haben Essen und einen zusätzlichen Kanister Pito mitgebracht. Wurde auch Zeit, mein Magen hat schon geknurrt.

Von links: David, Esther (glaub ich), Ludwig, Marian

Bis vier haben wir uns die Zeit vertrieben – ich mit Sonnen, die Jungs mit baden. Ich wollte nicht ins Wasser – wer weiß, was es da so alles drin gibt, wollte kein Risiko eingehen und wieder flach liegen. So wars aber auch sehr schön.
Father Francis, ein Steiler Missionar, Priester in Girma und Pole, hat uns dann abgeholt und Mario und ich haben uns spontan entschieden, in Grima zu übernachten. War mal ne Abwechslung – vor allem wegen des Essens. Frisch gebackenes Brot mit Butter zum Abendbrot und Fufu mit Erdnusssuppe – das war soooo lecker. Am nächsten Morgen gabs dann Pfannkuchen mit Bananen drin. Father Francs meint: Auch wenn man einen Baum in den Fluss stellt, bleibt er doch ein Baum und wird nicht zum Krokodil – egal, wie lang man wartet. Er bring seinen Köchen immer europäische Küche bei. Meist lässt er eine Nonne kommen. Ihm hängt auf die Dauer das lokale Essen nämlich auch ganz schön zum Hals raus. Recht hatta – mir jetzt schon! Ich werde ihn öfter besuchen :).
Den Abend haben wir erst ruhig in einer Pito-Bar und dann im 'Esszimmer' ausklingen lassen.

In der Pito-Bar. Das ganz links ist Father Francis.


Die Jungs sind allesamt echt nett. Die haben ja alle das Glück, dass sie einen Europäer um sich rum haben, bzw. zusammen in Sunyani sind. Manchmal würde mir hier etwas Austausch ganz gut tun. Einfach mal jemand, der einen versteht und den man selber versteht. Na ja, so isses eben, wenn man Business abroad betreibt. Mario werd ich aber ab und an mal besuchen. Jetzt hab ich ja ein Fahrrad und so weit isses net mit New Longoro – darf nur net inner Mittagshitze oder spät am Abend hin.
Samstag morgen sind wir dann zurück. An dem Tag ist net mehr soviel passiert...hab einfach nur gefaulenzt. Sonntag war ich in der Kirche und hab mich auf meine Evaluation am Montag vorbereitet und Fotos für den Blog verkleinert ;).
Die Evaluation am Montag war ganz schön anstrengend. Die Schüler haben so etwas eben noch nie gemacht und bis ich ihnen erklärt habe, worum es geht...manmanman.

Von 10 bis halb zwei war ich da, um die Fragebögen von 60 Schülern ausfüllen zu lassen. 60 vollkommen ratlose Augenpaare. Na ja, ich hab ja jetzt die ausgefüllten Bögen. Werd mir die mal am WE genauer angucken. Zwei Lehrerinnen hab ich auch befragt...den Rest im Laufe der Woche. Mal sehen. Heute war ich kurz in New Longoro um noch ein Gespräch zu führen. Danach war Mario hier wegen Internet – bin jetzt voll beliebt ;). Um meinen Adrenalinpegel hoch zuhalten haben die hier auch gleich mal den Busch angezündet – Gründe dafür könnten sein: Jagd, obwohl diese Weise verboten ist, oder kontrolliertes Abfackeln, damit ein natürliches Buschfeuer nicht eventuell ihr Haus niederbrennt. Im letzten Fall isses den 'Brandstiftern' egal, wohin das Feuer sich dann letzten Endes ausbreitet...hauptsache, ihr Haus ist sicher.
Also, die Woche über bin ich gut beschäftigt, Freitag und Samstag hab ich Sturmfrei, weil Aurelio auf einem Familienfest ist. Samstag/Sonntag Auswertungen und bis Ende der Woche werde ich mich um ein Date mit dem Bischof für nächste Woche kümmern. Hab jetzt übrigens einen neuen Rückflug gebucht. Am 31.03. läuft mein Visum hier aus. Ich werde auch net länger bleiben müssen, weil sich die Magdeburger sowieso erstmal auskäsen müssen, was die Zukunft der Schule anbetrifft. Ich fliege also am 28. nach Addis, bleib da ein paar Wochen und bin dann Ende April wieder in Good Old Germany. Freu mich schon aufs Essen :).

Donnerstag, 19. Februar 2009

Genni, der Bankenschreck

Tamale ist die nächste Großstadt hier im Norden Ghanas. An und für sich ist es hier recht schön, nur dieses Verkehrschaos ist echt anstrengend.
Trotz noch immer kaputtem Auto haben wir uns entschlossen, am Dienstag nach Tamale zu fahren um endlich das Equipment für das Internet Cafe zu besorgen. Father Aurelio hatte wie immer früh Gottesdienst – er hält jeden Tag Gottestdienst, weil er mehrere Villages hat und nicht jeden Sonntag 10 Gottesdienste abhalten will, verteilt er sie über die Woche. Gott ist schließlich überall und immer, Anfang und Ende (auch der Woche ;)).
Wie zu erwarten war musste ich mal wieder auf ihn warten, wodurch sich unsere Abfahrt um eine allerdings lächerliche halbe Stunde verzögert hat – sonst isses mehr...
Gefahren sind wir drei Stunden, benötigt haben wir vier. Irgendwo nach Buipe kam das Auto zum erliegen. Zu Buipe muss ich euch aber erst was erzählen. Buipe liegt an einem der Flüsse, die in den Volta-Stausee – eines der größten, wenn nicht das größte, Binnengewässer Afrikas – fließt. Hier ist zum einen Öl-Umschlagplatz für die gesamte nördliche Region. Außerdem wohnt hier der Oberhäuptling. Er ist der, der die anderen Häuptlinge für diese Region ernennt. Wenn diese einmal ernannt worden sind, dann dürfen sich die beiden nie, aber wirklich nie wieder sehen – das ist wörtlich gemeint. Sollte der eine den anderen jemals zu Gesicht bekommen, wird einer von den beiden sterben. So, wenn der Bischof, zum Beispiel, die beiden sehen muss um irgendwas zu besprechen, haben wir ein Problem. Das wird so gelöst, dass einer nach dem anderen die 'Arena' betritt, währenddessen gibt’s ne Sichtsperre, dann setzten sich die beiden so hin, dass sie mit dem Rücken zueinander sitzen. Komische Traditionen hier. Da die Leute hier daran glauben, konnte auch noch nicht bewiesen werden, dass das net stimmt...hat sich halt noch keiner getraut.
Also, liegen geblieben kurz nach Buipe. Das war nervig und hat auch lange gedauert, bis wir wieder startklar waren. Das Auto kommt Donnerstag in die Werkstatt, dafür sorge ich.
In Tamale angekommen sind wir dann erstmal zum MTN Shop. MTN ist der Provider, für den wir uns für unsere Internetverbindung entschieden haben. Doing Business in Africa ist für Frauen mal voll fürn Arsch. Der Typ, Mohammed – keine Vorurteile!- hat mich auf einen Stuhl gesetzt, der hinter seinem Bildschirm stand, so das ich nicht besonders viel von dem Gespräch zwischen ihm und Aurelio mitbekommen konnte. Das ging mir irgendwann so gegen den Strich, dass ich kurzerhand seinen Bildschirm zur Seite geschoben habe und ihm erklärt hab, dass wenn er Geld für sein Zeug haben will, er auch mit mir sprechen müsste. Das führte zu betretener Stille. Es war jetzt nicht so, dass es irgendetwas gebracht hätte, ihn so anzufahren...aber Genugtuung hat es verschafft. Die muss ich mir hier erstmal erziehen. Jaja, ich weiß...cultural sensitivity blabla...sry, kann da net aus meiner Haut! Nachdem wir die Formalitäten geklärt hatten, sind wir zur Bank. Dort gab es erstmal ein tüchtiges Hin-und-Her, wo ich denn jetzt hin müsste. Als ich dann am richtigen Tisch stand, hat mich die Dame nicht verstanden, bzw. wollte mich net verstehen. Stattdessen hat sich mit Briefen rumhantiert während ich ihr erklärt habe, was ich wollte – als ob unsere Kommunikation sich nicht schon schwierig genug gestaltet hätte. Ich hab ihr erklärt, dass ich mit meiner Visa-Karte Geld abheben möchte, dass der Automat draußen nicht funktioniert und dass in in GHC einen Betrag abheben möchte, der äquivalent zu 1000€ ist. Weiß nicht, was daran so schwer zu verstehen war. Sie meinte, das ginge nicht...wieso, hab ich aber erst später herausgefunden. Sowieso hat mich ihr Desinteresse so was von aufgeregt, dass sogar meine Ader an der Stirn hervorgetreten ist. Spürbar. Das hat noch keiner vorher geschafft. Respekt! Also hab ich mich wieder in die Schlange vom Anfang gestellt. Der Dame am Schalter hab ich dann erklärt, dass die andere Dame da am Tisch mich net versteht und ich Hilfe brauche. Dann ist die Dame vom Schalter mit mir zum Tische gegangen, hat der Dame am Tisch erklärt, was ich will...die hat mir erklärt, dass wir den Betrag, den ich in Euro möchte, erst in Dollar umrechnen müssen, weil das die Währung ist, nach der sie umrechnen. Aha. Aber ich könnte eh nur höchstens GHC 1500 pro Tag abheben (ca. 900€)...na jut, net so schlimm. Ich ihr also Pass und Karte gegeben. So, die ging dann in ein stille Kämmerlein, kam zurück und meinte auf meiner KREDITkarte wäre kein Geld. Ich weiß, dass ich einen Kreditrahmen von täglich mindestens 1000€ habe, dass hab ich so eingerichtet. Also, ich Papa angerufen. Den armen hab ich dann erstmal am Telefon zusammengestaucht – obwohl er eigentlich nix dafür konnte. Mit tat das danach dann auch ganz furchtbar Leid. Er hat dann auf mein Konto geguckt und meinte, 500€ müsste ich noch abheben können. Ich also wieder rein, 500€ bestellt bzw. $ bzw. GHC. Ging och nicht. Papa wieder vollgequäkt, der hat dann Geld umgeschichtet und meinte, das Geld müsste bis morgen auf meinem Konto sein. Also eine Nacht in Tamale verbringen. Hab nix gegen Spontanität, hätt ich nicht dummerweise mein Malaria Mittel in Bamboi liegen lassen – konnt ja net ahnen, dass das so schief geht. Na ja, mal sehen, was daraus wird.
Ich habe in einer Lodge übernachtet, etwas außerhalb von dem Stadtlärm. Aurelio war bei einem Freund. War ganz nett in der Lodge – bis ich geduscht habe. Das Duschen sah so aus: der Duschkopf war zur Hälfte verkalkt, was dazu führte, dass das Wasser aus nachgezählten 9 Löchern kam. Nicht aber im Schwall, sondern eher intervallartig und in 9 verschiedene Richtungen. Hätt' ich in die Luft gespuckt und wär' drunter durch gelaufen, hätte das den selben Effekt gehabt. Dementsprechend lange hat das auch gedauert. Zumindest wusste ich nach der Dusche, wozu die beiden Eimer da rumstanden. Ein kleiner und ein großer – wohl sollte man im großen über Nacht das Wasser einfangen und mit dem kleinen dann morgens das Wasser über den Körper schöpfen...oder so. Ich habe quasi im Luxus geschwelgt und hatte einen Fernseher in meinem Zimmer mit sage und schreibe drei Programmen verteilt auf neun Knöpfen – die Zahl ist magisch. Ein Wrestling-Programm, weil ich so ein großer Freund davon bin, hat mich das besonders gefreut---uuhaaahaaa---, ein Programm, dass hieß Love World – net, was ihr jetzt denkt! - das war ein Bibelkanal auf dem sie über Gott getalked haben und Werbung für ein Healing-Seminar gemacht haben. Priest Chris kann nämlich durch Handauflegen Lahme zum sehen, Blinde zum gehen und Taube zum laufen bringen – oder so ähnlich ;-). Na ja, solang die net erzählen, dass sie AIDS heilen können, wie es andere obskure Kirchen hier in Afrika propagandieren, solls mir egal sein. Die hatten eine Frau da, die neulich erst geheilt worden ist und sich jetzt wieder zur linken Seite legen kann...Auf dem dritten Programm kamen Nachrichten aus Südafrika.
Ich habe also den Abend meines Geburtstages mit den Resten meines Club-Sandwiches vom Abendbrot, einer Dose Cola gegen die Bauschmerzen und Südafrikanischen Nachrichten verbracht. Etwas gestunken hab ich auch, weil das mit dem Duschen ja net so geklappt hatte. Aber bitte, kein Mitleid: Ich wollte es so. Ich feire mein 26stes Lebensjahr nach – mit Freunden, so, wie sich das gehört. Wenigstens hing ich nicht in der Australischen Wüste ab, wie Philli damals bei seinem Geburtstag.
Am nächsten Tag lief alles gut ab. Die Dame vom Tisch in der Bank hat mich noch verarscht, weil sie nach dem Anruf zur Autorisierung meinte, es wäre immer noch kein Geld auf dem Konto. Da stand ich kurz vorm Nervenzusammenbruch. Die blöde Kuh hat dann gelacht, meinte, sie wollte schon immer mal ne Weiße weinen sehen – ich hab net geheult, muss ich dazu sagen! - und hat mir die 1500 GHC ausgezahlt. Wir haben dann die 4 GPRS fähigen USB-Sticks abgeholt und sind Heme gefahren. Ja, und nun sitz ich hier, einen Tag später, und freu mich über mein Internet! Endlich ist Genni wieder connected to the world!

Mittwoch, 18. Februar 2009

Kurzes Update

Ich bin gerade aus Tamale zurück, wo ich war, um mir für das Internet Cafe Internet zu besorgen. Also, ich kann jetzt regelmäßiger schreiben. GPRS - also übers Handynetz - ist es geworden, nach langem Hin-und-Her in Tamale und einer dort ungewollt verbrachten Nacht. War anstrengend, aber ihr habt ja jetzt erstmal genug zum lesen. Geht auf die nächste Seite, da gehts los...war fleißig vor und während der Malaria ;). Mit den Bildern muss ich mal sehen, wie klein ich die bekomme, dass sie trotzdem noch gute Qualität haben aber der Upload net zu lange dauert. Was sagste, Chrischi? :)
Vielen Dank auch an alle, die mit zu meinem gestrigen Ehrentag gratuliert haben - ob per sms, oder mail! Ich habe gestern nicht gefeiert. Keiner weiß hier, dass ich Geburtstag hatte, ich wollte kein Brimborium. Außerdem musste ich nach Tamale und unter Umständen wäre dann der Trip abgesagt worden und das wollte ich nicht. Von meinen Erlebnissen in Tamale schreib ich euch dann die Tage.

16.02.2009: Mu...Mi...Ma...Malaria

Malaria, oder liebevoll hier „Afrikanische Taufe“ genannt, hat mich volle Breitseite erwischt – trotze Moskitonetz, trotze Imprägnierung meiner Klamotten, trotze DEET-Lösung zum einreiben, trotz Prophylaxe. Aus der Retrospektive, soweit man sich an Ereignisse im Alter von 1,5 Jahren erinnern kann, fand ich meine Deutsche Taufe um einiges angenehmer. Mein Opa, der Vater meiner Mutter, kam damals extra aus Äthiopien, wo er damals Bischof war, nach Deutschland um mich zu taufen. Das war im Sommer 1984. Ich muss damals einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit gehabt haben, denn als er mir das Wasser über den Kopf träufelte, hab ich ihn kurzerhand auch nass gespritzt – es gibt Beweisfotos. Ob die das hier wohl Afrikanisch Taufe nennen, weil man dabei im eigenen Schweiß ertrinkt? Nachdem das Fieber bis Donnerstag nicht besser wurde, sondern eher schlechter, hab ich mich dann tatsächlich mal zum Arzt begeben, weil mir die Sache nicht ganz geheuer war. Bei 33C Zimmertemperatur sollte man keine Gänsehaut vor Kälte bekommen...Ich habe eigentlich auch nur so lange gewartet, weil mir Aurelio und Hege die ganze Zeit versicherten, dass es keine Malaria sei, sondern einfach nur Überanstrengung. Für Malaria sei es zu früh, ich wäre noch nicht lang genug hier. Ich hatte ja auch die ganze Zeit nur erhöhte Temperatur, um die 38,3. Ich hätte es eigentlich besser wissen müssen, schließlich weiß ich, wie mein Körper bei Überanstrengung reagiert. Shit happens. Beim Arzt hab ich rausgefunden, dass ich abgenommen habe ;). War ganz lustig, beim Dr. John. Er hat mir ein paar Pillen gegen die Brustschmerzen und gegen Malaria gegeben. Dr. John meinte, dass Malaria ein Opportunist sei – wenn der Körper schwach bzw. gestresst ist, greift sie an. Und nein, solche Symptome hat man natürlich nicht von ein bisschen Erdnussbutter machen und Wäschewaschen.

Hege und Ich beim Erdnussbutter machen.


Aurelio und Hege, die mitgekommen waren, fandens lustig...ich komischerweise auch. Irgendwie nehme ich allgemein alles viel leichter, seit ich hier bin. Mich hats noch net mal aufgeregt, dass Aurelio erst die Pflanzen in seinem Garten gegossen hat und sich dann umgezogen hat, bevor er mich dann mit knapp 39,6C Fieber zum Arzt gefahren hat. Nicht einmal als er mich gefragt hat, ob ich wirklich heute in die Klinik muss, oder ob morgen auch reicht... Wie schon gesagt: Die Entdeckung der Langsamkeit...oder vielleicht auch Fieber-Delirium ;).
Allerdings gab es, nachdem wir dann Dr. John verlassen haben, ne tüchtige Standpauke, dass er gefälligst nix mehr sagen soll, wenn er keine Ahnung hat. Das auch bei uns Deutschen Vertrauen eine wichtige Rolle in Beziehungen spielt und dass jetzt mein Vertrauen in ihn einen Knax bekommen hat. Ich bin davon ausgegangen, dass er als Local Ahnung von den Krankheiten hier hat...was er mir auch ständig versichert hat. Er hat auch mal beim Essen gepredigt, dass so genannte Spezialisten, die noch nie in Afrika waren, sich anmaßen, Ahnung von dem Land und den Leuten hier zu haben...haben sie seiner Meinung nach überhaupt nicht. Tja...anscheinend liegen auch die, die Afrika ihre Heimat nenne, nicht immer richtig... Ich als Fremde habe zumindest keinen Schimmer, wie so ne Malaria verläuft. Hab mir auch nur Infos angelesen und mit den Ärzten im Tropen Institut gesprochen. Beim nächsten mal bin ich schlauer: Fieber ohne bekannt Ursache = Malaria – genauso, wie es in den Broschüren der Ghana-Spezies steht!
Donnerstag Nacht war furchtbar. Ich hatte über 40C Fieber und hab halluziniert. Erst war ne Maus in meinem Bett, daraufhin hätte ich beinah meine Wasserflasche erschlagen, dann saß eine Miniaturausgabe einer meiner Professoren auf der Tischkante meines Schreibtisches und hat mir einen Vortrag über Gleichheit gehalten und dann hatte ich lauter Mini-Helfer um mich herum, die sich jeweils um eines meiner Gliedmaßen und meinen Kopf gekümmert haben, mich allerdings solange nicht schlafen ließen, bis ich ihnen gesagt hatte, dass sie gehen sollen. Das mag jetzt alles lustig klingen, im Nachhinein ist es das vielleicht auch, aber als ich da so da lag und ich die Temperatur nicht mal mit Wadenwickeln runter bekommen habe, wurde mir doch etwas anders. Genni stirbt jetzt also in Afrika an einer simplen Malaria, ohne Mutti, ohne Vati, ganz alleine...Ich hab dann irgendwann eine Paracetamol geschluckt, worauf ich einen Schweißausbruch hatte, den ich nicht beschreiben kann. Dafür gings mir danach besser und ich konnte endlich gegen drei einschlafen. Mit meinem Blut kann man wahrscheinlich Tote erwecken, soviel Chemie, wie da jetzt drin ist: 6 Malaria-Pillen, 6 Schmerztabletten und 2 gegen den Husten pro Tag. Wenn ich jetzt über die ganzen Impfungen im Vorhinein und die Malaria Prophylaxe nachdenke...ich muss wohl, wenn ich wieder zurück bin, meinen Körper entgiften.
So, ich bin jetzt also afrikanisch getauft, wirklich in Afrika angekommen und kann jetzt behaupten, tatsächlich da gewesen zu sein – herzlichen Glückwunsch!
In der Nacht von Samstag ging es mir wieder richtig beschissen. Um 5h morgens hab ich dann Pater Aurelio angerufen, der im Zimmer neben mit schläft, damit er rüber kommt, um mich zum Dr. zu bringen. Ich hatte wieder hohes Fieber, Schüttelfrost und Beschwerden beim Atmen. Dr. John hat mir starke Schmerzmittel gegeben und ein Mittel gegen Fieber. Wenigstens konnte ich danach einschlafen. Am nächsten Morgen habe ich meine Mutter angerufen, die natürlich meinte, ich solle sofort nach Hause kommen.
Am Montag bin ich dann in Krankenhaus nach Wenchi. Der Arzt war ein netter Cubaner, der meinte, das alle, die hierher kommen, Malaria hätten...oder Typhus. Er hat mich zum Bluttest geschickt, der angezeigt hat, dass ich tatsächlich Malaria hab. (Lizzbeth, keine Sorge, es ist net ansteckend). Nun ja, drei Tage lang lustige Pillchen schlucken – kann bald ne Apotheke aufmachen. Er hat mir versichert, in 15 Tagen säße ich wieder hier...man kann halt nur prophylaktisch dagegen vorgehen, so gut es eben geht. Wenn das Blut zu gut schmeckt...na ja, denn muss man halt ständig zum Arzt...

Mittwoch, 11.02.2009: Zu zweit ist man weniger allein



Ich habe einen Untermieter. Er ist klein, glitschig, hat große Augen und eine für mich undefinierbare Farbe – irgendwas zwischen matschbraun und mausgrau. Ich würde euch ja gerne ein Foto reinstellen, aber der Herr (oder die Dame) ist schüchtern und verkriecht sich immer hinter den Schrank, sobald ich abends das Zimmer betrete. Ich frage mich, wie er wohl zu meinem Untermieter geworden ist – ich habe ihn nicht eingeladen, bei mir zu wohnen. Na ja, zu zweit ist man weniger allein...aber auf Dauer wird das nicht gut gehen mit dem Frosch und mir, schließlich steht hier nur ein Bett :).




















Ich habe immer noch etwas erhöhte Temperatur. Vielleicht sollte ich morgen mal zum Arzt gehen. Heute hab ich übrigens den ersten Teil des Jahresberichts von Pagaa bekommen. Sobald ich dann auch mal Zahlen bekomme, kann ich dann endlich anfangen, zu arbeiten. Bevor ich hier nämlich irgendetwas in die Wege leite, will ich zunächst sehen, wo das ganze Geld hinfließt. Hoffentlich weiß ich am Wochenende mehr – hab ihm eine Deadline bis Freitag gesetzt und fahr seit dem jeden zweiten Tag hin, um etwas Druck zu machen, sonst wird das hier nüscht. So, und dann geht’s nach Damongo – da sitzt der Bischof und der Generalvikar. Mit denen muss ich mich dann wohl mal unterhalten, weil ich befürchte, dass der diesjährige Jahresbericht genauso bescheiden sein wird – vom Infogehalt her – wie der letzten Jahres. Also: keine realisierten Kosten sondern nur irgendwelche Schätzungen...kann ja kaum glauben, dass die jeden Monat die selbe Menge an Benzin fürs Auto verbrauchen, und Belege wären vielleicht auch mal ganz nett...Und wenn das dann getan ist, werde ich mich mal mit den Lehrern und Schülern unterhalten, je nach Gruppe über Zufriedenheit, Ziele im Leben etc. Ich hab schon einige Infos eingeholt – z.B. das die Schulbildung von Mädchen als immer wichtiger angesehen wird, wie man hier an Jobs kommt und wo die schon graduierten Schüler von St. Anthony stecken. Langsam nähert sich das Kaninchen. Ich versuche mich soviel wie möglich mit den Dorfbewohnern zu unterhalten und aktiv am Leben hier teilzunehmen, um Vertrauen zu schaffen und Beziehungen aufzubauen – das ist enorm wichtig.

Dienstag, 10.02.2009: Sonntag ist Kirchentag...

Das nennt man wohl Corporate Identity wahren...ich war im Gottesdienst. Im katholischen Gottesdienst in Ghana. Janina hätte das gefallen, weil es viele Trommeln und Rasseln und Gesinge gab. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sie abgegangen ist, als wir in Brasilien mal zufällig auf eine Samba-Gruppe getroffen sind. Ich fands auch super, bis auf die Länge. Zwei Stunden musste ich auf echt unbequemen Kirchenbänken verharren und alles nur, weil der Gottesdienst auf vier Sprachen gehalten wurde, neben Englisch auf Ga, Mo und Cwi. Zu allem Überfluss musste ich dann auch noch vor die Gemeinde treten, um mich vorzustellen. Pater Aurelio hätte mir vorher ruhig mal nen Wink mit dem Zaunpfahl geben können, dann hätt ich mich wenigstens etwas vorbereitet. Na ja, Ghana ist immer für eine Überraschung gut.
Abends sind wir nach New Longoro gefahren, die Nachbargemeinde, weil wir von Pater Ottmar, einem Schluchtenscheisser, wie Mutti-Zwetschga wohl sagen würde (also, ein Österreicher), zum Abend-chop (Essen heißt hier chop) eingeladen wurden. Pater Ottmar ist etwas eigen, milde ausgedrückt. Er ist Ende letztes Jahres 60 geworden und lebt schon seit 33 Jahren in Ghana – und will auch hier sterben, weil die Beerdigungen hier schöner sind. Er lacht äußerst komisch und ist auch sonst irgendwie schräg drauf...z.B. wollte er mir erklären, dass Alkohol und Antibiotika sich super vertragen (Doxycyclin, das Zeug, was ich gegen Malaria nehme, ist eigentlich ein Antibiotikum). Worauf ich meinte, dass sich sein Körper vielleicht schon daran gewöhnt haben mag, aber meiner reagiert auf diese Mischung äußerst allergisch. In New Longoro ist momentan auch ein Volontär – Mario aus Österreich. Und zwei weitere Pater aus Papua Neuguinea – Martin und Francis – und ein Bruder aus Indonesien – Apollon. Allesamt gehören den Steiler Missionaren an – fragt mich nicht, was das jetzt über sie aussagt. Katholisch sind sie zumindest. Super Einstiegsthema hatten wir: Krankheiten. Alle waren geschlossen der Meinung, dass ich während meiner Zeit hier mindestens einmal Malaria bekommen werde – trotz Prophylaxe – und Typhus wäre auch äußerst wahrscheinlich – Impfung bietet schließlich nur 60%igen Schutz. Ganz nebenbei erzählten sie mir auch, dass schon zwei Volontäre hier in New Longoro an Thyphus gestorben sind. Mario ist schon seit 5 Monaten hier und hatte schon drei mal Malaria und ein mal Thyphus. Außerdem ist gerade die Cholera in Accra. Evtl. kommt die bis hierher in den Norden, aber in New Longoro sind wirksame Medikamente vorhanden, ich solle mir keine Sorgen machen...Mama, Papa, falls ich das hier nicht überleben werde: Ich liebe euch! Testament hab ich allerdings noch nicht gemacht...aber ich hab Papa für alle Fälle vor Abreise eine Vollmacht geschrieben ;).
So, und seit Montag Abend hab ich nun Atemprobleme. Fühlt sich wie Muskelkater an, um den Brustkorb rum, was mir Schmerzen beim Atmen macht. Etwas erhöhte Temperatur habe ich auch. Es könnte daran liegen, dass ich Montag Vormittag damit beschäftigt war, Erdnussbutter zu machen, was echt Knochenarbeit ist. Vielleicht hab ich mich da komisch verdreht und deshalb seitdem Schmerzen. Vielleicht ist es auch einfach die Umstellung: neues Klima, anderes Essen, die Aufregung...da reagiert mein Körper etwas über. Oder, und diese Variante finde ich mit Abstand beängstigender, ich habe ein Insekt verschluckt, dass sich durch meine Atemwege bis zu meinen Lungen vorgearbeitet hat, dort Eier gelegt hat und nun essen mich die Larven von Innen auf. Gut, ich muss zugeben, ich habe zu oft zu Hause auf dem Sofa gelegen und diese Sendungen, die die Welt nicht braucht (oder wie Papa sie nennt: Kaugummi fürs Hirn) geguckt. Auf Vox oder auf RTL2, so gegen 22h kommen die und ich gucke mir die nur an, weil ich schlicht zu faul bin, mich aus der Gartenzwergstellung zu erheben um mich ins Bett zu bequemen. Ja, die zeigen dann, was so Afrika-Urlauber alles an Blindenpassagieren mitgebracht haben: meterlange Würmer, die Ärzte aus irgendwelchen Beinen ziehen, Quasteln am Fuß, die voll sind mit Maden, oder, my favourite: ewig lange Bandwürmer! So, und jetzt weiß ich auch, wieso Papa immer ausflippt, wenn ich mir das angucke...da haben wir den Salat! Meine Fantasie geht mit mir durch. Na ja, bislang huste ich noch keine Fleischstückchen – es besteht also noch Hoffnung :). Ja, was das betrifft, habe ich eine Klatsche – nicht therapierbar. Vox und Co. haben mich verdorben. Ich fliehe auch immer wild mit den Armen wedelnd vor jedem Käfer, jeder Fliege oder jedem Wurm und betrachte mir jeden Abend bevor ich einschlafe meine Füße ganz genau...Aber sonst ist es hier echt super und ich fühle mich pudelwohl! Ich möchte jetzt hier auch nicht den Eindruck erweckt haben, dass die Vorurteile über Afrika stimmen. Es stimmt wohl, dass es hier Krankheiten gibt, die wir nicht haben und wenn doch, dann haben wir sie besser im Griff, Ungeziefer, dem man lieber nicht im Dunkeln begegnet und Armut sieht man hier auch an jeder Ecke. Aber Afrika sollte nicht immer nur als Bittsteller gesehen werden, sondern als Kooperationspartner. Afrika bietet viel Entwicklungspotential und die Menschen wollen auch wirklich was ändern, allerdings wurde ihnen die Chance bislang oft verwehrt. Mittlerweile heißt es ja Gott sei Dank auch nicht mehr „Entwicklungshilfe“, sondern „EntwicklungsZUSAMMENarbeit“ – ein erster Schritt, dass es sich nicht um einen aktiven und einen passiven Part handelt, sondern das beide aktiv sind, zusammen.

Freitag, 06.02.2009: Einmal Kintampo und zurück

Heute ist Freitag, seit fast einer Woche läuft mein Ghana-Projekt jetzt schon. Ein Grund, wieso ich beschlossen habe, mich mal um eine Internet-Connection zu kümmern…wie ihr seht, da ich auch diesen Eintrag nachträglich ins Internet stelle, nur mit mäßigem Erfolg . Der Tag beginnt hier wie jeder andere bislang auch: um halb sechs werde ich von einem dieser vermaledeiten Hähne geweckt, die alle samt eine Stimmbandoperation nötig haben, da sie klingen, als würde jemand in einen Blecheimer reinröhren. Echt besorgniserregend. So gegen sieben (wir sind eine Stunde hinter euch) krabbel ich dann hinter meinem Moskitonetz hervor und gehe den Tag gaaaanz langsam an. Gegen acht ist dann Hege mit dem Frühstück fertig und Father (so nennen den Pater Aurelio hier alle) ist dann auch schon von einem seiner Messen aus einem der Villages zurück. Hege ist hier Köchin und Hausmädchen in einem, sie ist 22 Jahre alt und war mal eine von Fathers Schülerinnen in der Primary School. Während des Frühstücks erzähle ich Aurelio, was ich so alles am Tag vorhabe und er überlegt dann, wobei er mich begleiten kann und gibt mir Auskunft über seinen Tagesplan. Nach dem Frühstück setze ich mich meistens auf einen der kleinen Holzhocker neben die Küchentür und gucke den Hühnern beim picken zu, während Hege in der Küche rumfeudelt und mir dabei allerhand Geschichten aus dem Dorf erzählt. Wir verstehen uns ausgezeichnet und sie scheint ganz froh zu sein, dass sie jemanden zum unterhalten hat. Gegen neun setze ich mich dann an den Schreibtisch, guck meine Dokumentation durch, tippe Gesprächsprotokolle, beschäftige mich mit dem Projektplan, werkel an meiner Ausgabenliste rum, schreibe soweit es geht am Bericht und überlege die nächsten Schritt und kalkuliere so ein bisschen rum, außerdem verfasse ich seitenlange Mails im voraus oder schreibe an meinen Blogeinträgen. Na ja, eigentlich mache ich das alles nicht ab neun, sondern es verteilt sich über den ganzen Tag. Meist geht’s gegen 10 auch immer schon irgendwo hin. Heute ging es z.B. mit Hege ins Dörfli zum Mittagessen einkaufen. Ich habe wie immer für Aufsehen gesorgt, woran ich mich, muss ich zugeben, relativ schnell gewöhnt habe und mittlerweile ignoriere. Wir haben Fisch eingekauft und Kenkey – gesäuerte Maisbällchen in Bananenblättern. Nach dem Essen, so gegen halb zwölf, hab ich mich ein Stündchen zurückgezogen um dann gegen eins mit Hege nach Kintampo zu fahren um endlich mal eine Mail an den Ghana-Arbeitskreis zu verschicken, in dem ich den Mitgliedern schildern wollte, was bislang alles passiert ist und vor allen Dingen, was Mr. Pagaa mir berichtet hat. Nachdem wir nach einer halben Stunde Fahrt in einem sehr, sehr kleinen, verrosteten, mit mehreren Sprüngen in der Windschutzscheibe ausgestatteten Daewoo-Taxi in Kintampo angekommen sind, mussten wir uns erst mal nach dem Internet-Cafe durchfragen. Kintampo ist eine Kleinstadt, eigentlich sollten die Leute wissen, wo sich hier was befindet. Als wir eine Gruppe von drei Jugendlichen angesprochen haben, haben alle drei in drei verschiedene Richtungen gezeigt – hab mich ein bisschen wie bei Loriot gefühlt. Nach ein wenig rumirren haben wir schließlich den Ort der Begierde gefunden. Fünf Rechner gab es, von denen zwei aus waren und die restlichen drei besetzt oder keine Internetverbindung hatten. Internet gab es da nur übers Modem - also gaaaaaanz laaaangsam…bis es dann eben ganz aus ging und auch nicht wieder an. Ich hatte nicht mal die Chance, eine meiner Mails zu lesen, geschweige denn, eine zu verfassen. Die Frau, die für das Ding verantwortlich war, hat uns nach Girma (so hat es sich angehört, Ortsschild gabs nicht…) geschickt, da sei noch ein Cafe. Also wieder Taxi suchen, wieder ein Daewoo, und los ging‘s. Eine der Frauen (ach ja, wenn man hier Taxi fährt, dann nie alleine, die warten immer, bis es voll ist) wollte zufällig auch ins Internet-Cafe. So, dieses Internet-Cafe war noch kleiner und nur ein Rechner hatte Internetverbindung. Der Betreiber meinte, die hätten seit einer Woche Probleme mit dem Internet und man müsste das jetzt über eine Prepaid-Karte fürs Handy machen. Nachdem erst die Internetverbindung fünfmal deconnected wurde und dann auch noch der Strom ausfiel habe ich es zumindest geschafft, die schon vorgefertigte Mail nach MD zu schicken. Dafür hab ich jetzt einen Virus auf meinem Stick…
Das erste Mal an diesem Tag wurde ich von dem Betreiber an diesem Tag beschissen, der doch tatsächlich 5 Cedi für den Spaß wollte. Normal wären vielleicht 80 Pesewas – 1 Cedi für eine Stunde. Ich war ne halbe da und davon vielleicht 15 Minuten mit dem Internet verbunden. Auf Diskussion hatte ich keine Lust, dafür war ich zu müde und zu enttäuscht, aber ich hab ihm gesagt, dass es mit dem Preis ne gute Kundin und damit gutes Geld verloren hat…Aus dem Weg von Girma nach Kintampo hat es zu allem Überfluss angefangen, zu regnen. Wie zwei begossene Pudel haben wir also ein Anschlußtaxi nach Bamboi gesucht. Das zweite Mal an diesem Tag wurde ich dann von dem Taxifahrer beschissen, der mit gebeten hat, dass doch bitte noch einer neben mir auf dem Beifahrersitz sitzen darf, weil noch zwei Personen mit möchten, die dann allerdings schon im nächsten Dorf aussteigen. Zu diesem Zeitpunkt waren wir schon drei Passagiere und ein Baby. Ich habe, nachdem er meinte, die armen Schweine würden sonst nicht nach Hause kommen, eingewilligt. Ich Esel! Also, eingestiegen sind drei Männer. Hinten saßen demzufolge 4 Personen und ein Baby und vorne mit Fahrer drei – wieder ein Daewoo. Es gab bei „Wetten, dass…!?“ mal eine Saalwette, bei der gewettet wurde, wie viele Menschen in einen VW Käfer, oder so, passen…so ungefähr könnt ihr euch das vorstellen. In dem nächsten Dorf wurden dann auch nicht zwei raus gelassen, sondern nur einer, was bedeutete, dass ich und Hege vorne zusammengequetscht eine halbe Stunde quasi auf dem Fahrer drauf saßen. Ich saß mehr oder weniger auf dem Schaltknüppel…während wir die Buckelpiste von Kintampo nach Bamboi zurückgefahren sind – bei einem sintflutartigen Regen. Der Fahrer hatte immer wieder mit nem verdammt frechen Grinsen gefragt, ob alles alright wäre…Worauf ich dann irgendwann meinte: Do you think this is fun? U know what would be really funny? If I gonne leave u without paying for that torture... Darauf hat er dann wenigstens nicht mehr gefragt, wie es mir geht. Nachdem wir dann endlich diese Quetschkommode verlassen durften, haben wir noch einen kurzen Abstecher zu Hege gemacht, die sich umziehen wollte. Sie lebt mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder in einem dieser traditionellen Lehmhütten. Hege hat mich allerdings draußen vor der Tür geparkt. Auf dem Weg zurück zur Mission hab ich dann ohne etwas dafür zu können ein Kind zum Weinen gebracht. Schlichtweg meine Anwesenheit hat ihm soviel Angst gemacht, dass es nur da stand und furchtbar angefangen hat zu schreien und zu heulen. So schlimm bin ich doch nun auch wieder nicht… und alles nur, weil ich ein bisschen heller bin.
Damit war der Tag auch schon vorbei. Abends essen, kurze Dokumentation und Absprache mit Aurelio und dann zeitnah ins Bett. Afrika macht müde.

Donnerstag, 05.02.2009: Der lange Weg nach Bamboi

Am Dienstag haben Aurelio und ich uns auf den Weg nach Bamboi gemacht -zwei Stunden später als geplant... Aus Accra raus zukommen war eine Qual. Ich hätte mir statt der zwei Pullover vielleicht lieber einen Satz Ersatz-Bandscheiben mitnehmen sollen. Die Straße ging ja mal so was von gar nicht. War gerade under construction...pfft. Nach ca. einer Stunden Buckelpiste gings dann auf eine sehr gut befestigte Straße Richtung Norden. Aurelio fährt, mit Verlaub, wie eine besengte Sau. Nicht nur einmal hab ich ein Stoßgebet nach oben geschickt. Noch dazu hatte unser Auto ein Problem mit dem Motor...wenn wir irgendwo langsam herangefahren sind, was oft passiert ist, ist es ab und zu einfach ausgegangen. Was dazu führte, dass wir kurz vor Kumasi in eine Werkstatt, also einer Ansammlung an alten, verrosteten Autos, Öltonnen und öligen jungen Männern zwischen 16 und 25 Jahren, einkehren mussten. Fürs erste wurde das Auto auch repariert, es sollte sich zeigen, dass die Freude nicht lange anhielt...Kumasi ist schöner als Accra, wohl, weil hier das Hauptabbaugebiet für Gold in Ghana ist. Außerdem kam der letzte Präsident Ghanas aus Kumasi, was natürlich dazu führte, dass Kumasi viel Aufmerksamkeit während seiner Legislaturperiode zuteil wurde. So ist das in Afrika, man hilft seinem Clan. Der seit Januar neu gewählte Präsident Atta-Mills kommt aus Cape Coast...was da wohl in den nächsten Jahren passieren wird...
In Techiman haben wir eine kleine Pause gemacht um etwas zu essen. Bis dahin war die Straße super, danach kam bis Wenchi wieder Buckelpiste. Insgesamt haben wir 9 Stunden benötigt, was relativ wenig ist, wenn man die Stopps bedenkt. Die letzten beiden Stunden sind wir bei stock-dunkler Nacht gefahren, da hab ich mir gewünscht, doch schnell einzuschlafen, damit ich nicht jedes mal vor Schreck zusammenzucke, wenn irgendetwas vor uns auftaucht – sei es Mensch, Ziege oder Federvieh. Aurelio hält, zumindest bei den Tieren, auch immer drauf, was ich meinerseits mit lautem Aufschreien oder besser: Quietschen quittiere. Er findets lustig, ich weniger. Ich hatte auf dem Weg auch mein erstes Markt-Erlebnis. Aurelio hatte die glorreiche Idee doch ein paar Früchte zu kaufen. Wir hielten also auf einem kleinen Markt am Straßenrand an und unser Auto war sofort umringt von den Marktfrauen, die ein Geschäft witterten. Aurelio hatte den Mut auszusteigen, ich hielt es für besser, im Wagen sitzen zu bleiben, was die Frauen nicht davon abhielt, mir ihre Köstlichkeiten anzupreisen. Die sind echt geschickt. Erst versuchen sies mit Mitleid, als das nix half, haben sie versucht, was persönliches über mich rauszufinden, das war allerdings auch net von Erfolg gekrönt. Dann ging das Diskutieren los:
Ich: Why dont u following the Father...he has the money, he decides
Sie: But there is already someone with him trying to sell him oranges
Ich: So, why dont u go and try to sell yours to him
Sie: Because there is already someone...please tell him to buy oranges from me
Ich: Go and show him yours...i am sure, if they are good he will buy some.
Sie: But there is already someone following him...and I will better stay with u
Ich: And why with me? Because u think i am easier to crack?
Sie: Stille, verschämtes Grinsen...
So, die dachte also, ich bin ein dummer Touri und werde schon was kaufen, wenn sie es lange genug versucht. Dann haben sie das Kreuz am Innenspiegel baumeln sehen und fingen dann so an: If u buy something from me, God will bless u. Kann ich ja gar net haben, sowas, also: Dont bring God into that game, he does not do the shopping...damit war die Sache für mich erledigt. Ich hab ihnen erklärt, dass ich kein Geld habe und wenn sie was verkaufen wollen, müssen sie zu Aurelio, der trifft die Entscheidungen. Hat sie nicht überzeugt, war mir aber auch egal. Anstrengend!

Solche Stände stehen überall am Straßenrand. Hier verkaufen sie Kochbananen.


Die Mission liegt, wie jede Mission hier in Ghana, etwas außerhalb des Dorfes. Sie ist vom Kindergarten, Primary- und Junior-High- School umringt und auch die Kirche liegt direkt auf dem Gelände. Immer, wenn ich am Kindergarten vorbeigehen, werde ich von den Kindern fröhlich mit „Brunini!“ begrüßt, was nix mit der neuen trällernden Frau vom französischen Präsidenten zu tun hat, sondern auf Cwi so viel heißt wie „Weiße“. Ich lasse mich nicht lumpen, hab mich erkundigt, was schwarz heißt und antworte jetzt immer „Bibini“, worauf sich die Kinder immer kugeln vor lachen.
Hier macht Hege gerade mein Zimmer bereit zum Einzug.

Am Mittwoch sind wir vormittags zur Schule gegangen, damit ich mir einen ersten Eindruck verschaffen kann. Der Direktor, Mr. Pagaa, war nicht da, was nix gemacht hat. Den lerne ich noch früh genug kennen. Ich muss sagen, von der Schule war ich positiv überrascht. Ich habs mir schlimmer vorgestellt. Die haben zwar ein kleines Termiten-Problem und hier und da muss was repariert werden – na, es ist der erste Eindruck. Wer weiß, was da noch alles kommt....Am Nachmittag sind wir dann Richtung Norden nach Swala gefahren um Bücher abzuliefern für Father David. Auf dem Weg liegt Bole, ein Dorf in dem die Gemeinde in Duisburg-Hamborn eine Schule unterstützt, die vergleichbar mit unserer ist – nur mehr technisch ausgelegt. Die habe ich mir kurz angeschaut. Eventuell kann man Synergie-Effekte erzielen. Auf unserer kleinen Journey hab ich einen ersten Eindruck vom African Way of Life bekommen. Wir haben in jedes Gemeinde angehalten, in der ein Priester ansässig ist, um Hallo zu sagen und rumzusitzen. Was mir an und für sich egal gewesen wäre, wenn ich nicht davon ausgegangen wäre, dass wir gegen sechs wieder zu Hause sind. Wir waren kurz vor Mitternacht zu Hause, dafür kenne ich jetzt jeden Priester nördlich von Bamboi. Für den Anfang war mir das ein wenig viel Afrika – mir wäre es lieber gewesen, hätte ich das in kleineren Portionen und nicht gleich am ersten Tag bekommen. Na ja, so wurde ich gleich ins kalte Wasser geworfen – kann ja auch net schaden. In Afrika geht nun mal sehr viel über Beziehungen. Die rennen nicht der Zeit hinterher, wie wir das tun, sondern meinen, dass sie davon genug haben...die ganze Zukunft ist vollgestopft mit Zeit. Ich muss sagen, dass ich mich schneller daran gewöhnt habe, als ich dachte. Auf die Uhr gucke ich kaum noch...hilft ja eh nix, Father Aurelio hat schließlich auch keine und mit dem muss ich mich ja immer abstimmen. Verabreden tu ich mich jetzt nur noch so: Ich komm dann irgendwann abends – was zwischen 15h und 22h liegt. Hier gibt es keine Zeitpunkte – die Zeit fließt hier.
Am Donnerstag hab ich dann endlich Mr. Pagaa kennen gelernt. Wir haben morgens einen Rundgang durch die Schule gemacht, er hat mich allen vorgestellt und alle haben mir gesagt, wie willkommen ich wäre – die kenne mich halt noch nicht ;). Vorher fand das obligatorische Kennenlernen statt. Man sitz rum und muss Fragen beantworten – anfangs eher unpersönliche über die Reise nach Ghana...dann geht’s weiter mit meinem Befinden und wie ich Ghana so finde. Irgendwann, wohl erst später, werde ich Fotos zeigen und gezeigt bekommen...von Familie etc. Ich hab mein kleines Album vorsichtshalber mitgenommen, schließlich muss ich denen was von mir preisgeben, wenn ich etwas von ihnen will. Und wenn es eben nur Informationen bzw. Antworten auf meine Fragen für die Evaluation sind. Danach hat er mir von den Problemen erzählt, die die Schule hat. Dinge, die Repariert werden müssen und andere, die gebaut werden müssen, wie z.B. zusätzliche Unterkünfte für Schüler und Lehrer, Klassenräume und Toiletten. Er ist froh darüber, dass nach den vielen Versprechungen endlich jemand aus Deutschland kommt, um sich der Probleme hier mal anzunehmen und guckt, was hier so geht. Mal gucken, was ich so auf die Beine stelle. Es ist viel, aber nicht unmöglich.
Nebenbei hat die Gemeinde auch einige Probleme, von denen mir Father Aurelio berichtet hat. Keine Privatisierung von gesellschaftlichen Problemen! Ich muss da wohl oder übel die Distanz wahren und sehen, was ich bzw. die Gemeinde in Deutschland eventuell tun kann – nachhaltig muss es sein und irgendetwas mit der Schule zu tun haben. So ein Internet Café wäre nicht schlecht. Räume stehen zur Verfügung, Father Aurelio hat auch Computer hier, es muss nur noch ne Verbindung zum WWW hergestellt werden – wohl übers Handy, evtl. UMTS, GPRS oder so. Da werde ich mich nächste Woche mal drum kümmern. Damit wäre dann zumindest endlich eine einigermaßen konstante Kommunikation zur Schule möglich und die Gemeinde hätte eine zusätzliche Einnahmequelle – momentan finanziert Father Aurelio alles aus den Kollekten, um die 60€ pro Monat. Ist halt echt scheiße, wenn da das Auto kaputt ist, oder die Stromrechnung zu hoch...Und ein Gehalt bekommt er auch nicht, also muss er Essen etc. auch davon bezahlen, was hier in Ghana nicht ungewöhnlich ist, allerdings sind 60€ hier in Ghana auch nicht so wenig, wie es für uns klingt.

Sonntag, 01.02.2009: Ghana, oder: Die Entdeckung der Langsamkeit...



Da bin ich wieder- gesund, munter...Tut mir Leid, dass das so lange gedauert hat. Mit der Internetverbindung war es echt schwierig hier. Aber ich war jetzt in Tamale und hab mir Internet für ein kleines Internet Cafe besorgt, dass ich hier plane...lest weiter oben mehr! Und ich werde euch gleich vorwarnen – die Einträge werden nicht kürzer, dafür allerdings seltener ;).
Also, seit Samstag, den 31.01. bin ich nun in Ghana. Die Flüge waren relativ anstrengend. Im Flugzeug von FFM (oder für die, die immer noch net wissen, was ich meine: Frankfurt am Main) nach Addis saß ich neben so nem Typen...na ja, wie soll ich das ausdrücken...hätten wir einen Film gedreht und wären wir abgestützt und er wäre einer der Überlebenden gewesen, der sich auf eine einsame Insel hätte retten können, wäre er der gewesen, der durch seine ständigen Alleingänge Marke „Ich weiß eh alles besser“ die gesamte Gruppe immer wieder in Gefahr gebracht hätte – genau so einer war das! Unsympathisch! Den einzigen Nutzen, den er für die Gruppe gebracht hätte, wäre im Zweifelsfall der als letzte Essensration gewesen. Furchtbar. Der hat schon nach Alkohol gestunken, als er eingestiegen ist. Dann hat er ständig die Flugbegleiterinnen blöd angemacht, die nun wirklich nix für den Allgemeinzustand konnten...ich hatte ständig sein Knie irgendwo...oder seine Hand...oder seinen Kopf...angesabbert hat er mich, glaub ich, auch und das fast 8 Stunden lang. Zum Schluss hatta nen schönen Einlauf von mir bekommen. Er ist mit nem Veranstalter nach Äthiopien gereist, der Bibelreisen verkauft – so hatta sich allerdings net benommen. Nebenbei hatten wir hohen Besuch an Bord, was unweigerlich zu Verzögerung des Ausstiegs führte, da wir erst unseren VIP-Politiker raus lassen mussten – an nem special Exit mit spalierstehenden Soldaten, rotem Teppich etc. Hat aber nix gemacht, weil mein Anschlussflug nach Accra eh Verspätung hatte. Mit ner Zwischenlandung in Togo, wo mich die einzige Mücke im ganzen Flugzeug gestochen hat (bei meinem Glück hab ich jetzt Malaria), sind wir dann gegen 15:30h in Accra gelandet. Hab übrigens schon auf dem Flughafen in Accra meinen ersten, von Dani schon im Vorhinein prophezeiten, Heiratsantrag bekommen – vom Zollbeamten. Uiuiui...jetzt war diplomatisches Geschick gefragt, schließlich muss der mich ja ins Land lassen. Da ich aber, auch auf Danis Rat hin, mir einen Ring an den linken Ringfinger gesteckt hatte, konnte ich ihn mit einer bedeutenden Geste auf meinen „Ehering“ abwimmeln – aber sonst natürlich gerne jeder Zeit! ;)
Draußen wurde ich auch schon vom Driver-Caretaker Jirma vom Good Shepard erwartet. Dort hab ich dann die ersten Nächte verbracht...und alle Herzen mit Werther's Echte im Sturm erobert (ohne Zucker für die schlanke Linie). Vor allem anschienen von einem kleinen Dreikäsehoch, der mich mit großen Augen und geöffnetem Mund ungläubig angestarrt hat. Jirma meinte, der hatte Angst vor mir, weil ich so „weiß“ wäre. Kurz darauf, ich saß gerade bei meinen obligatorischen Reis mit Hähnchen Abendessen, kam er mit seiner Mutter wieder, die aufgeregt zu Theresa (Barmädchen), meinte, sie hätte gehört, sie hätten hier eine Halb-Weiße. Das war dann wohl ich...wie ich an ihrem schallenden Gelächter, nachdem sie mich erblickt hatte, deuten konnte. Super – Hallo Identitätskrise! Altes Thema, neuer Ort. Für die Weißen nicht weiß genug, für die Schwarzen net schwarz genug...na ja, jetzt ist die neue Bezeichnung wohl: halb-weiß. In Deutschland bin ich dann halb-schwarz, oder was?---man, man, man, das Leben in einer Grauzone...Also, ich habs ihnen nicht so übel genommen, wie es hier klingt. Eigentlich gar net...das freche Grinsen von dem Kleinen war beschwichtigend genug. Außer mir waren noch zwei Weiße :-P aus Deutschland und Ines aus Kamerun da. Mit den beiden Deutschen hab ich nicht geredet...der eine hat mich an meinen alten Bio-/Klassenlehrer erinnert...Trauma. Ines war sehr nett. (Wer sich jetzt vielleicht über den Namen wundert, Kamerun war mal, wie auch Togo und Namibia, deutsche Kolonie. Ruanda wars auch mal, glaub ich, bis die Belgier die Verwaltung übernommen haben. Mehr haben die Deutschen jedoch nicht hin bekommen in ihrer Kolonialisierungsperiode zwischen 1884 und 1918). Sie arbeitet in Kamerun für eine kanadische Firma, die sich um die Kakao-Bauern kümmert – so Marke Fair Trade, wohl auch in Kooperation mit denen.




Sie war besonders am Women Empowerment interessiert und wollte in Ghana mal gucken, was die so anstellen in Bezug auf Unterstützung der weiblichen Kakoabauern. Ines war wohl zufrieden mit dem, was sie hier vorgefunden hat.
Am Montagmorgen so gegen 4am – ich hab da schon geschlafen...- kam dann Father Aurelio nach Accra, um mich abzuholen. Der hatte noch Father David im Schlepptau. Die beiden sind echt cool drauf und ganz anders, als man es von katholischen Geistlichen glauben würde. Auf Grund ihrer Müdigkeit haben wir davon abgesehen, noch am selben Tag zurück nach Bamboi zu fahren – sind ja doch mal so 10 Stunden. Stattdessen sind wir in die Stadt gefahren, um was einzukaufen. Also, so Handykarte und Geldwechseln. Accra könnt ihr euch vorstellen wie einen riesigen Marktplatz. Überall am Straßenrand stehen selbstgezimmerte Büdchen aus Holz oder Wellblech umringt von allen möglichen Waren, angefangen bei Autos über Sofagarnituren bis hin zu Hundewelpen und Gemüse und Menschen laufen auf der Straße zwischen den an der Ampel stehenden Autos umher mit Gegenständen auf dem Kopf, die sie an den Mann oder Frau bringen wollen. Es ist nicht annähernd so furchtbar wie Kairo – Father Aurelio meinte, gegen Kairo sei Accra first class...der war wohl noch nie in Deutschland ;) - allerdings trotz alldem sehr staubig, laut und voll. In einem Tro-Tro bin ich auch schon gefahren – das ist so ein Kleinbus vollgepfropft bis oben hin mit Menschen. Nicht besonders empfehlenswert – vor allem nicht mit 1000$ im Bauchbeutel, aber gut...man sollte es mal mitgemacht haben.
Der Tag ist relativ ruhig ausgeklungen. Zufällig habe ich Bischof Philip, der Bischof der Diözese Damongo zu der Bamboi gehört, im Good Sheperd getroffen. Der hat mit Pater Clemens zusammen in Münster studiert und dementsprechend haben wir uns ganz nett unterhalten. Am Samstag fliegt er nach Rom und hatte nebenbei noch ne Konferenz in Accra.

Montag, 16. Februar 2009

Erstes Lebenszeichen

So Leute, da bin ich...allerdings nur kurz, weil es mich jetzt zwei Stunden und einen Internet-Cafe wechsel gekostet hat, um diese Zeilen zu schreiben und ich nebenbei 45 Minuten hierher gefahren bin...eigentlich musste ich heute auch nur in Krankenhaus hier in Wenchi, weil es mir seit Montag ziemlich dreckig ging - mit Fieber, Schuettelfrost etc. Zwischendurch ging es zwar immer mal wieder, deswegen hab ich auch solange gewartet. Also, heute die Bestaetigung von einem netten kubanischen Arzt - Malaria. Ging schneller als ich dachte.
Ich habe, waehrend ich keine Connection hatte, ein paar Texte vorbereitet, die werde ich reinstellen, sobald ich meinen USB-Stick nutzen darf - das darf ich hier naemlich nicht. Es tut mir echt leid!
Nur soviel: mir geht es, neben Malaria, recht gut hier. Die Menschen sind freudnlich, mein "Projekt" laeuft schleppend - wie erwartet ;) - aber das wird schon! Ans Essen muss ich mich noch gewoehnen, heiss ist es hier - 42C im Schatten. Elefanten hab ich noch net gesehen - gibts auch nur im Nationalpark, und auch sonst laufen hier eigentlich nur Ziegen, Hunde und Huehner rum. Ich werde mich morgen auf den Weg nach Tamale machen, der naechsten grossen Stadt, um das Equipment fuer ein kleines Internet Cafe zu besorgen, dass ich vorhabe in Bamboi zu eroeffnen - Computer und Gebaeude gibts schon. Ab dann hab ich hoffentlich vernuenftige Verbindung und kann meine Texte reinstellen und Bilder und euch regelmaessiger berichten!
Bis ganz bald hoffentlich!