Das nennt man wohl Corporate Identity wahren...ich war im Gottesdienst. Im katholischen Gottesdienst in Ghana. Janina hätte das gefallen, weil es viele Trommeln und Rasseln und Gesinge gab. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sie abgegangen ist, als wir in Brasilien mal zufällig auf eine Samba-Gruppe getroffen sind. Ich fands auch super, bis auf die Länge. Zwei Stunden musste ich auf echt unbequemen Kirchenbänken verharren und alles nur, weil der Gottesdienst auf vier Sprachen gehalten wurde, neben Englisch auf Ga, Mo und Cwi. Zu allem Überfluss musste ich dann auch noch vor die Gemeinde treten, um mich vorzustellen. Pater Aurelio hätte mir vorher ruhig mal nen Wink mit dem Zaunpfahl geben können, dann hätt ich mich wenigstens etwas vorbereitet. Na ja, Ghana ist immer für eine Überraschung gut.
Abends sind wir nach New Longoro gefahren, die Nachbargemeinde, weil wir von Pater Ottmar, einem Schluchtenscheisser, wie Mutti-Zwetschga wohl sagen würde (also, ein Österreicher), zum Abend-chop (Essen heißt hier chop) eingeladen wurden. Pater Ottmar ist etwas eigen, milde ausgedrückt. Er ist Ende letztes Jahres 60 geworden und lebt schon seit 33 Jahren in Ghana – und will auch hier sterben, weil die Beerdigungen hier schöner sind. Er lacht äußerst komisch und ist auch sonst irgendwie schräg drauf...z.B. wollte er mir erklären, dass Alkohol und Antibiotika sich super vertragen (Doxycyclin, das Zeug, was ich gegen Malaria nehme, ist eigentlich ein Antibiotikum). Worauf ich meinte, dass sich sein Körper vielleicht schon daran gewöhnt haben mag, aber meiner reagiert auf diese Mischung äußerst allergisch. In New Longoro ist momentan auch ein Volontär – Mario aus Österreich. Und zwei weitere Pater aus Papua Neuguinea – Martin und Francis – und ein Bruder aus Indonesien – Apollon. Allesamt gehören den Steiler Missionaren an – fragt mich nicht, was das jetzt über sie aussagt. Katholisch sind sie zumindest. Super Einstiegsthema hatten wir: Krankheiten. Alle waren geschlossen der Meinung, dass ich während meiner Zeit hier mindestens einmal Malaria bekommen werde – trotz Prophylaxe – und Typhus wäre auch äußerst wahrscheinlich – Impfung bietet schließlich nur 60%igen Schutz. Ganz nebenbei erzählten sie mir auch, dass schon zwei Volontäre hier in New Longoro an Thyphus gestorben sind. Mario ist schon seit 5 Monaten hier und hatte schon drei mal Malaria und ein mal Thyphus. Außerdem ist gerade die Cholera in Accra. Evtl. kommt die bis hierher in den Norden, aber in New Longoro sind wirksame Medikamente vorhanden, ich solle mir keine Sorgen machen...Mama, Papa, falls ich das hier nicht überleben werde: Ich liebe euch! Testament hab ich allerdings noch nicht gemacht...aber ich hab Papa für alle Fälle vor Abreise eine Vollmacht geschrieben ;).
So, und seit Montag Abend hab ich nun Atemprobleme. Fühlt sich wie Muskelkater an, um den Brustkorb rum, was mir Schmerzen beim Atmen macht. Etwas erhöhte Temperatur habe ich auch. Es könnte daran liegen, dass ich Montag Vormittag damit beschäftigt war, Erdnussbutter zu machen, was echt Knochenarbeit ist. Vielleicht hab ich mich da komisch verdreht und deshalb seitdem Schmerzen. Vielleicht ist es auch einfach die Umstellung: neues Klima, anderes Essen, die Aufregung...da reagiert mein Körper etwas über. Oder, und diese Variante finde ich mit Abstand beängstigender, ich habe ein Insekt verschluckt, dass sich durch meine Atemwege bis zu meinen Lungen vorgearbeitet hat, dort Eier gelegt hat und nun essen mich die Larven von Innen auf. Gut, ich muss zugeben, ich habe zu oft zu Hause auf dem Sofa gelegen und diese Sendungen, die die Welt nicht braucht (oder wie Papa sie nennt: Kaugummi fürs Hirn) geguckt. Auf Vox oder auf RTL2, so gegen 22h kommen die und ich gucke mir die nur an, weil ich schlicht zu faul bin, mich aus der Gartenzwergstellung zu erheben um mich ins Bett zu bequemen. Ja, die zeigen dann, was so Afrika-Urlauber alles an Blindenpassagieren mitgebracht haben: meterlange Würmer, die Ärzte aus irgendwelchen Beinen ziehen, Quasteln am Fuß, die voll sind mit Maden, oder, my favourite: ewig lange Bandwürmer! So, und jetzt weiß ich auch, wieso Papa immer ausflippt, wenn ich mir das angucke...da haben wir den Salat! Meine Fantasie geht mit mir durch. Na ja, bislang huste ich noch keine Fleischstückchen – es besteht also noch Hoffnung :). Ja, was das betrifft, habe ich eine Klatsche – nicht therapierbar. Vox und Co. haben mich verdorben. Ich fliehe auch immer wild mit den Armen wedelnd vor jedem Käfer, jeder Fliege oder jedem Wurm und betrachte mir jeden Abend bevor ich einschlafe meine Füße ganz genau...Aber sonst ist es hier echt super und ich fühle mich pudelwohl! Ich möchte jetzt hier auch nicht den Eindruck erweckt haben, dass die Vorurteile über Afrika stimmen. Es stimmt wohl, dass es hier Krankheiten gibt, die wir nicht haben und wenn doch, dann haben wir sie besser im Griff, Ungeziefer, dem man lieber nicht im Dunkeln begegnet und Armut sieht man hier auch an jeder Ecke. Aber Afrika sollte nicht immer nur als Bittsteller gesehen werden, sondern als Kooperationspartner. Afrika bietet viel Entwicklungspotential und die Menschen wollen auch wirklich was ändern, allerdings wurde ihnen die Chance bislang oft verwehrt. Mittlerweile heißt es ja Gott sei Dank auch nicht mehr „Entwicklungshilfe“, sondern „EntwicklungsZUSAMMENarbeit“ – ein erster Schritt, dass es sich nicht um einen aktiven und einen passiven Part handelt, sondern das beide aktiv sind, zusammen.
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