Mittwoch, 18. Februar 2009

16.02.2009: Mu...Mi...Ma...Malaria

Malaria, oder liebevoll hier „Afrikanische Taufe“ genannt, hat mich volle Breitseite erwischt – trotze Moskitonetz, trotze Imprägnierung meiner Klamotten, trotze DEET-Lösung zum einreiben, trotz Prophylaxe. Aus der Retrospektive, soweit man sich an Ereignisse im Alter von 1,5 Jahren erinnern kann, fand ich meine Deutsche Taufe um einiges angenehmer. Mein Opa, der Vater meiner Mutter, kam damals extra aus Äthiopien, wo er damals Bischof war, nach Deutschland um mich zu taufen. Das war im Sommer 1984. Ich muss damals einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit gehabt haben, denn als er mir das Wasser über den Kopf träufelte, hab ich ihn kurzerhand auch nass gespritzt – es gibt Beweisfotos. Ob die das hier wohl Afrikanisch Taufe nennen, weil man dabei im eigenen Schweiß ertrinkt? Nachdem das Fieber bis Donnerstag nicht besser wurde, sondern eher schlechter, hab ich mich dann tatsächlich mal zum Arzt begeben, weil mir die Sache nicht ganz geheuer war. Bei 33C Zimmertemperatur sollte man keine Gänsehaut vor Kälte bekommen...Ich habe eigentlich auch nur so lange gewartet, weil mir Aurelio und Hege die ganze Zeit versicherten, dass es keine Malaria sei, sondern einfach nur Überanstrengung. Für Malaria sei es zu früh, ich wäre noch nicht lang genug hier. Ich hatte ja auch die ganze Zeit nur erhöhte Temperatur, um die 38,3. Ich hätte es eigentlich besser wissen müssen, schließlich weiß ich, wie mein Körper bei Überanstrengung reagiert. Shit happens. Beim Arzt hab ich rausgefunden, dass ich abgenommen habe ;). War ganz lustig, beim Dr. John. Er hat mir ein paar Pillen gegen die Brustschmerzen und gegen Malaria gegeben. Dr. John meinte, dass Malaria ein Opportunist sei – wenn der Körper schwach bzw. gestresst ist, greift sie an. Und nein, solche Symptome hat man natürlich nicht von ein bisschen Erdnussbutter machen und Wäschewaschen.

Hege und Ich beim Erdnussbutter machen.


Aurelio und Hege, die mitgekommen waren, fandens lustig...ich komischerweise auch. Irgendwie nehme ich allgemein alles viel leichter, seit ich hier bin. Mich hats noch net mal aufgeregt, dass Aurelio erst die Pflanzen in seinem Garten gegossen hat und sich dann umgezogen hat, bevor er mich dann mit knapp 39,6C Fieber zum Arzt gefahren hat. Nicht einmal als er mich gefragt hat, ob ich wirklich heute in die Klinik muss, oder ob morgen auch reicht... Wie schon gesagt: Die Entdeckung der Langsamkeit...oder vielleicht auch Fieber-Delirium ;).
Allerdings gab es, nachdem wir dann Dr. John verlassen haben, ne tüchtige Standpauke, dass er gefälligst nix mehr sagen soll, wenn er keine Ahnung hat. Das auch bei uns Deutschen Vertrauen eine wichtige Rolle in Beziehungen spielt und dass jetzt mein Vertrauen in ihn einen Knax bekommen hat. Ich bin davon ausgegangen, dass er als Local Ahnung von den Krankheiten hier hat...was er mir auch ständig versichert hat. Er hat auch mal beim Essen gepredigt, dass so genannte Spezialisten, die noch nie in Afrika waren, sich anmaßen, Ahnung von dem Land und den Leuten hier zu haben...haben sie seiner Meinung nach überhaupt nicht. Tja...anscheinend liegen auch die, die Afrika ihre Heimat nenne, nicht immer richtig... Ich als Fremde habe zumindest keinen Schimmer, wie so ne Malaria verläuft. Hab mir auch nur Infos angelesen und mit den Ärzten im Tropen Institut gesprochen. Beim nächsten mal bin ich schlauer: Fieber ohne bekannt Ursache = Malaria – genauso, wie es in den Broschüren der Ghana-Spezies steht!
Donnerstag Nacht war furchtbar. Ich hatte über 40C Fieber und hab halluziniert. Erst war ne Maus in meinem Bett, daraufhin hätte ich beinah meine Wasserflasche erschlagen, dann saß eine Miniaturausgabe einer meiner Professoren auf der Tischkante meines Schreibtisches und hat mir einen Vortrag über Gleichheit gehalten und dann hatte ich lauter Mini-Helfer um mich herum, die sich jeweils um eines meiner Gliedmaßen und meinen Kopf gekümmert haben, mich allerdings solange nicht schlafen ließen, bis ich ihnen gesagt hatte, dass sie gehen sollen. Das mag jetzt alles lustig klingen, im Nachhinein ist es das vielleicht auch, aber als ich da so da lag und ich die Temperatur nicht mal mit Wadenwickeln runter bekommen habe, wurde mir doch etwas anders. Genni stirbt jetzt also in Afrika an einer simplen Malaria, ohne Mutti, ohne Vati, ganz alleine...Ich hab dann irgendwann eine Paracetamol geschluckt, worauf ich einen Schweißausbruch hatte, den ich nicht beschreiben kann. Dafür gings mir danach besser und ich konnte endlich gegen drei einschlafen. Mit meinem Blut kann man wahrscheinlich Tote erwecken, soviel Chemie, wie da jetzt drin ist: 6 Malaria-Pillen, 6 Schmerztabletten und 2 gegen den Husten pro Tag. Wenn ich jetzt über die ganzen Impfungen im Vorhinein und die Malaria Prophylaxe nachdenke...ich muss wohl, wenn ich wieder zurück bin, meinen Körper entgiften.
So, ich bin jetzt also afrikanisch getauft, wirklich in Afrika angekommen und kann jetzt behaupten, tatsächlich da gewesen zu sein – herzlichen Glückwunsch!
In der Nacht von Samstag ging es mir wieder richtig beschissen. Um 5h morgens hab ich dann Pater Aurelio angerufen, der im Zimmer neben mit schläft, damit er rüber kommt, um mich zum Dr. zu bringen. Ich hatte wieder hohes Fieber, Schüttelfrost und Beschwerden beim Atmen. Dr. John hat mir starke Schmerzmittel gegeben und ein Mittel gegen Fieber. Wenigstens konnte ich danach einschlafen. Am nächsten Morgen habe ich meine Mutter angerufen, die natürlich meinte, ich solle sofort nach Hause kommen.
Am Montag bin ich dann in Krankenhaus nach Wenchi. Der Arzt war ein netter Cubaner, der meinte, das alle, die hierher kommen, Malaria hätten...oder Typhus. Er hat mich zum Bluttest geschickt, der angezeigt hat, dass ich tatsächlich Malaria hab. (Lizzbeth, keine Sorge, es ist net ansteckend). Nun ja, drei Tage lang lustige Pillchen schlucken – kann bald ne Apotheke aufmachen. Er hat mir versichert, in 15 Tagen säße ich wieder hier...man kann halt nur prophylaktisch dagegen vorgehen, so gut es eben geht. Wenn das Blut zu gut schmeckt...na ja, denn muss man halt ständig zum Arzt...

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