Mittwoch, 18. Februar 2009

Donnerstag, 05.02.2009: Der lange Weg nach Bamboi

Am Dienstag haben Aurelio und ich uns auf den Weg nach Bamboi gemacht -zwei Stunden später als geplant... Aus Accra raus zukommen war eine Qual. Ich hätte mir statt der zwei Pullover vielleicht lieber einen Satz Ersatz-Bandscheiben mitnehmen sollen. Die Straße ging ja mal so was von gar nicht. War gerade under construction...pfft. Nach ca. einer Stunden Buckelpiste gings dann auf eine sehr gut befestigte Straße Richtung Norden. Aurelio fährt, mit Verlaub, wie eine besengte Sau. Nicht nur einmal hab ich ein Stoßgebet nach oben geschickt. Noch dazu hatte unser Auto ein Problem mit dem Motor...wenn wir irgendwo langsam herangefahren sind, was oft passiert ist, ist es ab und zu einfach ausgegangen. Was dazu führte, dass wir kurz vor Kumasi in eine Werkstatt, also einer Ansammlung an alten, verrosteten Autos, Öltonnen und öligen jungen Männern zwischen 16 und 25 Jahren, einkehren mussten. Fürs erste wurde das Auto auch repariert, es sollte sich zeigen, dass die Freude nicht lange anhielt...Kumasi ist schöner als Accra, wohl, weil hier das Hauptabbaugebiet für Gold in Ghana ist. Außerdem kam der letzte Präsident Ghanas aus Kumasi, was natürlich dazu führte, dass Kumasi viel Aufmerksamkeit während seiner Legislaturperiode zuteil wurde. So ist das in Afrika, man hilft seinem Clan. Der seit Januar neu gewählte Präsident Atta-Mills kommt aus Cape Coast...was da wohl in den nächsten Jahren passieren wird...
In Techiman haben wir eine kleine Pause gemacht um etwas zu essen. Bis dahin war die Straße super, danach kam bis Wenchi wieder Buckelpiste. Insgesamt haben wir 9 Stunden benötigt, was relativ wenig ist, wenn man die Stopps bedenkt. Die letzten beiden Stunden sind wir bei stock-dunkler Nacht gefahren, da hab ich mir gewünscht, doch schnell einzuschlafen, damit ich nicht jedes mal vor Schreck zusammenzucke, wenn irgendetwas vor uns auftaucht – sei es Mensch, Ziege oder Federvieh. Aurelio hält, zumindest bei den Tieren, auch immer drauf, was ich meinerseits mit lautem Aufschreien oder besser: Quietschen quittiere. Er findets lustig, ich weniger. Ich hatte auf dem Weg auch mein erstes Markt-Erlebnis. Aurelio hatte die glorreiche Idee doch ein paar Früchte zu kaufen. Wir hielten also auf einem kleinen Markt am Straßenrand an und unser Auto war sofort umringt von den Marktfrauen, die ein Geschäft witterten. Aurelio hatte den Mut auszusteigen, ich hielt es für besser, im Wagen sitzen zu bleiben, was die Frauen nicht davon abhielt, mir ihre Köstlichkeiten anzupreisen. Die sind echt geschickt. Erst versuchen sies mit Mitleid, als das nix half, haben sie versucht, was persönliches über mich rauszufinden, das war allerdings auch net von Erfolg gekrönt. Dann ging das Diskutieren los:
Ich: Why dont u following the Father...he has the money, he decides
Sie: But there is already someone with him trying to sell him oranges
Ich: So, why dont u go and try to sell yours to him
Sie: Because there is already someone...please tell him to buy oranges from me
Ich: Go and show him yours...i am sure, if they are good he will buy some.
Sie: But there is already someone following him...and I will better stay with u
Ich: And why with me? Because u think i am easier to crack?
Sie: Stille, verschämtes Grinsen...
So, die dachte also, ich bin ein dummer Touri und werde schon was kaufen, wenn sie es lange genug versucht. Dann haben sie das Kreuz am Innenspiegel baumeln sehen und fingen dann so an: If u buy something from me, God will bless u. Kann ich ja gar net haben, sowas, also: Dont bring God into that game, he does not do the shopping...damit war die Sache für mich erledigt. Ich hab ihnen erklärt, dass ich kein Geld habe und wenn sie was verkaufen wollen, müssen sie zu Aurelio, der trifft die Entscheidungen. Hat sie nicht überzeugt, war mir aber auch egal. Anstrengend!

Solche Stände stehen überall am Straßenrand. Hier verkaufen sie Kochbananen.


Die Mission liegt, wie jede Mission hier in Ghana, etwas außerhalb des Dorfes. Sie ist vom Kindergarten, Primary- und Junior-High- School umringt und auch die Kirche liegt direkt auf dem Gelände. Immer, wenn ich am Kindergarten vorbeigehen, werde ich von den Kindern fröhlich mit „Brunini!“ begrüßt, was nix mit der neuen trällernden Frau vom französischen Präsidenten zu tun hat, sondern auf Cwi so viel heißt wie „Weiße“. Ich lasse mich nicht lumpen, hab mich erkundigt, was schwarz heißt und antworte jetzt immer „Bibini“, worauf sich die Kinder immer kugeln vor lachen.
Hier macht Hege gerade mein Zimmer bereit zum Einzug.

Am Mittwoch sind wir vormittags zur Schule gegangen, damit ich mir einen ersten Eindruck verschaffen kann. Der Direktor, Mr. Pagaa, war nicht da, was nix gemacht hat. Den lerne ich noch früh genug kennen. Ich muss sagen, von der Schule war ich positiv überrascht. Ich habs mir schlimmer vorgestellt. Die haben zwar ein kleines Termiten-Problem und hier und da muss was repariert werden – na, es ist der erste Eindruck. Wer weiß, was da noch alles kommt....Am Nachmittag sind wir dann Richtung Norden nach Swala gefahren um Bücher abzuliefern für Father David. Auf dem Weg liegt Bole, ein Dorf in dem die Gemeinde in Duisburg-Hamborn eine Schule unterstützt, die vergleichbar mit unserer ist – nur mehr technisch ausgelegt. Die habe ich mir kurz angeschaut. Eventuell kann man Synergie-Effekte erzielen. Auf unserer kleinen Journey hab ich einen ersten Eindruck vom African Way of Life bekommen. Wir haben in jedes Gemeinde angehalten, in der ein Priester ansässig ist, um Hallo zu sagen und rumzusitzen. Was mir an und für sich egal gewesen wäre, wenn ich nicht davon ausgegangen wäre, dass wir gegen sechs wieder zu Hause sind. Wir waren kurz vor Mitternacht zu Hause, dafür kenne ich jetzt jeden Priester nördlich von Bamboi. Für den Anfang war mir das ein wenig viel Afrika – mir wäre es lieber gewesen, hätte ich das in kleineren Portionen und nicht gleich am ersten Tag bekommen. Na ja, so wurde ich gleich ins kalte Wasser geworfen – kann ja auch net schaden. In Afrika geht nun mal sehr viel über Beziehungen. Die rennen nicht der Zeit hinterher, wie wir das tun, sondern meinen, dass sie davon genug haben...die ganze Zukunft ist vollgestopft mit Zeit. Ich muss sagen, dass ich mich schneller daran gewöhnt habe, als ich dachte. Auf die Uhr gucke ich kaum noch...hilft ja eh nix, Father Aurelio hat schließlich auch keine und mit dem muss ich mich ja immer abstimmen. Verabreden tu ich mich jetzt nur noch so: Ich komm dann irgendwann abends – was zwischen 15h und 22h liegt. Hier gibt es keine Zeitpunkte – die Zeit fließt hier.
Am Donnerstag hab ich dann endlich Mr. Pagaa kennen gelernt. Wir haben morgens einen Rundgang durch die Schule gemacht, er hat mich allen vorgestellt und alle haben mir gesagt, wie willkommen ich wäre – die kenne mich halt noch nicht ;). Vorher fand das obligatorische Kennenlernen statt. Man sitz rum und muss Fragen beantworten – anfangs eher unpersönliche über die Reise nach Ghana...dann geht’s weiter mit meinem Befinden und wie ich Ghana so finde. Irgendwann, wohl erst später, werde ich Fotos zeigen und gezeigt bekommen...von Familie etc. Ich hab mein kleines Album vorsichtshalber mitgenommen, schließlich muss ich denen was von mir preisgeben, wenn ich etwas von ihnen will. Und wenn es eben nur Informationen bzw. Antworten auf meine Fragen für die Evaluation sind. Danach hat er mir von den Problemen erzählt, die die Schule hat. Dinge, die Repariert werden müssen und andere, die gebaut werden müssen, wie z.B. zusätzliche Unterkünfte für Schüler und Lehrer, Klassenräume und Toiletten. Er ist froh darüber, dass nach den vielen Versprechungen endlich jemand aus Deutschland kommt, um sich der Probleme hier mal anzunehmen und guckt, was hier so geht. Mal gucken, was ich so auf die Beine stelle. Es ist viel, aber nicht unmöglich.
Nebenbei hat die Gemeinde auch einige Probleme, von denen mir Father Aurelio berichtet hat. Keine Privatisierung von gesellschaftlichen Problemen! Ich muss da wohl oder übel die Distanz wahren und sehen, was ich bzw. die Gemeinde in Deutschland eventuell tun kann – nachhaltig muss es sein und irgendetwas mit der Schule zu tun haben. So ein Internet Café wäre nicht schlecht. Räume stehen zur Verfügung, Father Aurelio hat auch Computer hier, es muss nur noch ne Verbindung zum WWW hergestellt werden – wohl übers Handy, evtl. UMTS, GPRS oder so. Da werde ich mich nächste Woche mal drum kümmern. Damit wäre dann zumindest endlich eine einigermaßen konstante Kommunikation zur Schule möglich und die Gemeinde hätte eine zusätzliche Einnahmequelle – momentan finanziert Father Aurelio alles aus den Kollekten, um die 60€ pro Monat. Ist halt echt scheiße, wenn da das Auto kaputt ist, oder die Stromrechnung zu hoch...Und ein Gehalt bekommt er auch nicht, also muss er Essen etc. auch davon bezahlen, was hier in Ghana nicht ungewöhnlich ist, allerdings sind 60€ hier in Ghana auch nicht so wenig, wie es für uns klingt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen